Querdenkerquote statt Frauenquote

Veröffentlichter Leserbrief in der Süddeutschen Zeitung vom 5. Dezember 2014 zum Kommentar  „Schwimmflügel der Gesellschaft“  von Heribert Prantl  in der SZ vom  26.11.14.

Im letzten Absatz seines Kommentars „Schwimmflügel der Gesellschaft“ beschreibt Heribert Prantl, warum die Frau- enquote erst ein ganz kleiner Schritt in Richtung Realisierung des Grundgesetzes ist. Stichwort: Ökonomisierung des Le- bens. Diese Tendenz, die sich wie die Ambrosia-Pflanze mit vergleichbar fatalen Wirkungen überall ausbreitet, kann durch eine Frauenquote nicht aufgehalten werden. Hierzu brauchen wir eine weitere Quote: die Querdenker-Quote. Hierüber wird leider noch gar nicht diskutiert. Hier würde eine Quote von zehn Prozent reichen, allerdings muss sie überall gelten, das heißt nicht nur in den Dax-Firmen, sondern auch in Behörden und Gerichten. Sie ist auf jeden Fall geschlechtsunabhängig.

Interessanterweise wird Querdenker meist sofort mit Querulant verwechselt. Und wie soll man bitte beides unterscheiden, lautet sofort der erste Einwand, als Frage formuliert. Jede Grundschullehrerin kann genau erklären, wodurch sich ein Kind, das aufgrund psychischer Störungen Aufmerksamkeit erregen möchte, von einem Kind unterscheidet, das durch seine Kreativität und ungewöhnlichen Blickwin- kel auffällt und angstfrei genug ist, seine Sichtweisen auch auszudrücken. Diese Kinder sind eine Bereicherung jeder Klasse.

Genau solche Erwachsene brauchen wir ganz dringend überall, ohne dass sie bei jeder Äußerung, die ungewöhnlich klingt, als Querulanten abqualifiziert werden. Andernfalls werden weiterhin überall nur angepasste Karrieren gemacht und die Ökonomisierung aller unserer Lebensbereiche wird dadurch rasant fortschreiten. Die Querdenkerquote würde unserem Gemein- wesen nicht nur Schwimmflügel, sondern Schwingen verleihen, die uns zu den Höhen unseres Grundgesetzes emportragen könnten. Dagmar Schön, München

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