Organ’spende‘

Aufklärende Hinweise zur Organspende

Die folgenden Darstellungen sind von Rechtsanwalt Uwe Friedrich aus Babenhausen verfasst, der sich seit Jahren intensiv mit dem Thema Organ’spende’ befasst, sowohl medizinisch, wie auch rechtlich.

Nehmen Sie sich die Zeit und lesen Sie die Ausführungen sehr genau durch.

Sie sind ehrlicher und damit wichtiger als die sog. Informationen, die Sie von Ihrer Krankenkasse oder aus den allgemeinen Medien zu diesem Thema erhalten.

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Die Presseveröffentlichung der Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) vom 03.11.2014 (Abruf: 03.11.2014) und deren Entscheidungsbegleitung für Angehörige (EfA) (Abruf: 03.11.2014) geben Veranlassung, auf Folgendes hinzuweisen:

I. Aufklärungsdefizit

Nach wie vor wird die Hauptursache für den Rückgang der Zustimmungen zur Organentnahme und damit zugleich des erheblichen Vertrauensverlustes in die Transplantationsmedizin verschwiegen:

I-1.

Das ist die in Politik und Transplantationswirtschaft flächendeckend fehlende, wahrheitsgemäße und vollständige Aufklärung der betroffenen „Organinhaber“, ohne deren Organe Transplantation nicht möglich ist, über den wahren Zustand des zu explantierenden Körpers.

Der darin liegende Verstoß gegen § 2 I 2 TPG („Die Aufklärung hat die gesamte Tragweite der Entscheidung zu umfassen … “) ist offenkundig.

I-2.

Der im offiziellen Organspendeausweis zweimal verwendete Begriff des Todes („nach meinem Tod“, „nach ärztlicher Feststellung meines Todes“) entspricht nicht dem in unserer Kultur seit Jahrhunderten tradierten Begriff des „wirklichen“ Todes, wie er von der Bevölkerung landläufig verstanden wird. Diese wird vielmehr schon durch dieses Dokument planmäßig getäuscht, indem dieses offenkundige Missverständnis nicht aufgeklärt wird; dazu würde schon der Platz auf dem Kärtchen nicht ausreichen.

Die Transplantationswirtschaft bezeichnet mit „Tod“ gemäß § 3 Abs. 2, Ziffer 2 TPG den „endgültige(n), nicht behebbare(n) Ausfall der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms“.

Die (nach wie vor im Regelfall nicht aufgeklärte) Bevölkerung versteht hingegen unter „Tod“ den Zustand, in dem der Körper äußerlich sichtbare Todeszeichen aufweist und eingeäschert, beerdigt oder obduziert werden könnte, also, wie oft gehört: „mausetot“ ist. Das ist aber in allen Fällen der Organentnahme nicht der Fall, sonst wären die Organe nicht lebend und verwertbar. Die Zustimmung zur Organspende wird im Regelfall unter falschen, zumal zweckgerichtet arglistig ertäuschten Voraussetzungen abgegeben.

Warum wird der breiten Bevölkerung nicht offen die volle Wahrheit über den wirklichen (lebenden) Zustand des Körpers bei Organentnahme gesagt?

Selbst wissenschaftliche Zweifelsfragen müssen dem Bürger zu seiner (nicht Anderer) Entscheidung ehrlich offengelegt werden. Dass solche bestehen, ist überdeutlich der inter-/nationalen wissenschaftlichen Diskussion zu entnehmen, nachzulesen vor allem bei den zu III-1. hier nochmals aufgeführten Stellen.

Jede Aufklärung muss vollständig, unverschraubt, klar und deutlich so sein, dass der betroffene Normalbürger, um dessen Organe geworben wird, sie auch wirklich verstehen kann, wie auch § 630e Abs. 2 Ziffer 3 BGB das fordert [ Hervorhebungen vom Unterzeichner ]:
„Die Aufklärung muss … für den Patienten verständlich sein.“

Die Worte des Bundesgerichtshofs zur Bedeutung der Aufklärung vor ärztlichem Eingriff vom 22.12.2010, 3 StR 239/10, (StraFo 2011, 192-194), Nr. 10, gelten auch und gerade hier, wo es um Leben und Tod geht: „… Nur so wird das aus der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG) abgeleitete Selbstbestimmungsrecht des Patienten sowie sein Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gewahrt (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1989 – VI ZR 65/88, BGHZ 106, 391; Urteil vom 29. Juni 1995 – 4 StR 760/94, NStZ 1996, 34). …“

II. „Der nächste Angehörige“

Liegt keine verlässliche Erklärung des Betroffenen vor, hat „der nächste Angehörige“ gemäß § 4 Abs. 1 TPG (wie darin sechsmal so erwähnt) zu entscheiden. „Der nächste Angehörige hat bei seiner Entscheidung einen mutmaßlichen Willen des möglichen Organ- und Gewebespenders zu beachten. Der Arzt hat den nächsten Angehörigen hierauf hinzuweisen.“ (§ 4 Abs. 1, Sätze 4 und 5 TPG)“.

DSO verspricht sich viel von der „Entscheidungsbegleitung für Angehörige (EfA)“. Angeblich soll die Zustimmungsrate bei Angehörigengesprächen von entsprechend DSO-gecoachten Ärzten dreimal so hoch sein, als sie es bei einem Gespräch mit anderen, insbesondere mit den Ärzten wäre, die den Betroffenen behandeln, ihn besser kennen und daher eher empathiegeneigt sind.

In der Vorstellung der vorzitierten „Entscheidungsbegleitung für Angehörige (EfA)“ der DSO heißt es:

„Das Gespräch mit den Angehörigen dient der Ermittlung des geäußerten oder mutmaßlichen Willen des Verstorbenen. Ist dieser nicht bekannt, lassen die gesetzlichen Regelungen in Deutschland eine Entscheidung der nächsten Angehörigen nach eigenen Wertvorstellungen zu. Aufgrund der in Deutschland geltenden Entscheidungslösung ist ein erklärtes Einverständnis eine unabdingbare Voraussetzung zur Organentnahme.“

Das ist so nicht zutreffend und zeigt erneut die Zielrichtung, höheres Organaufkommen zu erzeugen:

II-1.

Zum einen kommt es nur auf einen einzigen, nämlich „den (jeweiligen) nächsten Angehörigen an“, dessen Begriff in § 1 a Ziffer 5 TPG definiert und in § 3 Abs. 2 TPG weiter eingegrenzt wird.

Nur dieser ist zu befragen, nur diesem gegenüber ist der Arzt von seiner Schweigepflicht (!) durch § 4 TPG befreit, nur dieser ist entscheidungsbefugt. § 4 gilt als „die zentrale Vorschrift“ (so Weber in Höfling, TPG, 2. Aufl., 2013, Rdnr. 2) des TPG (erweiterte Zustimmungslösung).

Dies ist auch in ausführlicher Gesetzesbegründung so gewollt, BT-Drucksache 13/8027 Zu Nr. 3 (§ 4) Zu Absatz 1. Zulässig ist also nur jeweils dessen Befragung, nicht zugleich Einbeziehung auch der im vorgenannten Rang folgenden Angehörigen, etwa nach dem Motto: von einem werde man schon die Zustimmung erhalten, der sich dann der frühere „nächste“ Angehörige schwerlich werde widersetzen können, oder um ein allgemein zustimmungsgünstiges Klima zu schaffen, das zB sinngemäß mit der Frage einzuleiten versucht wird: „War Ihr werter Verstorbener hilfsbereit, hat er gerne geholfen …?“. Die zur Führung der Angehörigengespräche ausgesuchten Ärzte werden eingehend psychologisch gecoacht.

Übrigens: Trifft der nächste Angehörige keine oder nicht zeitgerecht eine Entscheidung und verzichtet er nicht ausdrücklich auf sein Entscheidungsrecht, kann nicht von Zustimmung ausgegangen und darf auch nicht etwa der (nach ihm rang-) nächste Angehörige befragt werden; vielmehr hat die Organentnahme zu unterbleiben, vgl Weber, in: Höfling, aaO, § 4, Rdnr. 46.

II-2.

Zum anderen kann er keine, wie der vorstehende Text insinuiert, freie eigene Entscheidung treffen; er ist vielmehr in der Entscheidung wie folgt gebunden (Hervorhebung vom Unterzeichner):

„Wenn auch Anhaltspunkte für einen mutmaßlichen Willen fehlen, ist der nächste Angehörige nach eigenem, ethisch verantwortbarem Ermessen zu einer Entscheidung im Rahmen seines Totensorgerechts berufen. Konnte der mögliche Organspender aufgrund seines Alters oder aus anderen Gründen keine wirksame Erklärung zur postmortalen Organspende abgeben, hat der Angehörige einen natürlichen Willen bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen.“ (Bundestagsdrucksache 13/8027, S.9)

Bei Verstoß gegen die strenge Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 TPG rückt der (fahrlässig, erst recht der – auch etwa nur bedingt – vorsätzlich) hiergegen Verstoßende ins Strafrecht, § 19 Abs. 2 TPG, und riskiert Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, bei Fahrlässigkeit: bis zu einem Jahr, oder Geldstrafe.

II-3.

Nötige Klarstellung: Anders, als in der vorzitierten „Entscheidungsbegleitung für Angehörige (EfA)“ der DSO irreführend erklärt, gibt es in Deutschland zur Ermöglichung der Organentnahme keine Entscheidungslösung, sondern nach wie vor die (durch § 4 TPG betr. Zustimmung durch den nächsten Angehörigen „erweiterte) Zustimmungslösung“ . Richtig wäre also zu formulieren: „Aufgrund der in Deutschland geltenden erweiterten Zustimmungslösung (falsch: „Entscheidungslösung“) ist ein erklärtes Einverständnis eine unabdingbare Voraussetzung zur Organentnahme.“

Der Begriff „Entscheidungslösung“ bezog sich lediglich auf das Gesetz vom 12.07.2012 (BGBl 2012 I, 1504), mit dem die Bevölkerung zu einer Entscheidung betr. JA oder NEIN zur Organspende, insb. durch Organspendeausweis, motiviert werden soll. So hat z.B. Dr. Frank-Walter Steinmeier in der Bundestagsdebatte vom 25.05.2012 betr. dieses Gesetz laut Stenografischem Bericht des Plenar-protokolls 17/182, S. 21687, zu (B) erklärt (http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/17/17182.pdf – Abruf: 05.11.2014): „ … Idee der Entscheidungslösung: Es sollen sich auf Grundlage dieses Gesetzes mehr Menschen … entscheiden, ob sie … Organspender sein möchten oder nicht. Wir wollen … den Menschen tatsächlich – das darf man auch nicht bestreiten – etwas mehr auf die Pelle rücken, indem wir fragen und nachfragen. …“ Freilich legt das Gesetz in § 2 Abs. 2a TPG ausdrücklich fest:
„Niemand kann verpflichtet werden, eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende abzugeben.“

Die Bestimmungen der §§ 3 und 4 TPG, in denen geregelt ist, unter ausschließlich welchen Bedingungen Organe entnommen werden dürfen, wurden in keiner Weise geändert!

III. Information

III-1.

Eine sehr gute Darstellung der gesamten Problematik stammt von der Privatdozentin für Neurophilosophie und Medizinethik Dr. phil. Dipl.- Phys. Sabine Müller, Berlin, in „Wie tot sind Hirntote? Alte Frage – neue Antworten“, Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ): Organspende und Selbstbestimmung, Heft 20-21/2011, 16.05.2011, S.3-9, (http://www.bpb.de/apuz/33311/wie-tot-sind-hirntote-alte-frage-neue-antworten?p=all – Abruf 04.11.2014) mit vielen weiteren Hinweisen, insb. in Anm. 35 auf Seema K. Shah und Franklin G. Miller: „Can we handle the truth? Legal fictions in the determination of death“. Weiter ist zu verweisen auf die Forschungsergebniss von Prof. D. Alan Shewmon, u.a. dargelegt in seinem Vortrag am 21.03.2012 vor dem deutschen Ethikrat, Forum Bioethik zum Thema: „Hirntod und Organentnahme. Gibt es neue Erkenntnisse zum Ende des menschlichen Lebens ?“, S. 4 ff, 16,38 der offiziellen Mitschrift (http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/forum-bioethik-2012-03-21-simultan-mitschrift.pdf – Abruf: 04.11.2014), sowie vor allem auf: Controversies in the Determination of Death, A White Paper by the (US-) Presidents Council on Bioethics vom Dezember 2008, insb. S. 54 ff, 56. (https://bioethicsarchive.georgetown.edu/pcbe/reports/death/Controversies%20in%20the%20Determination%20of%20Death%20for%20the%20Web%20%282%29.pdf – Abruf: 04.11.2014)

III-2.

Zur Vertiefung wird weiter auf den hier beigefügten Offenen Brief des Neurologen Prof. Dr. med. Andreas Zieger, Oldenburg, vom 13.03.2014 zur Thematik verwiesen.

III-3.

Bei dieser Gelegenheit kann auf eine Hörfunk-Sendung des Bayerischen Rundfunks 2 vom 12.10.2014, 08:05 – 08:30 Uhr, mit dem Titel: „Organtransplantation Ein Akt der Nächstenliebe oder Tötung ?“ hingewiesen werden (http://cdn-storage.br.de/iLCpbHJGNL9zu6i6NL97bmWH_-bG/_AES/5A4f52kp/141012_0805_Katholische-Welt_Organtransplantation.mp3 -Abruf 05.11.2014).

Hierin wird (Hervorhebung und Ergänzung in […] vom Unterzeichner) u.a. der bekannte Freiburger Medizinethiker Prof. Dr. med. Giovanni Maio, M.A. phil. (Direktor des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin der Universität Freiburg, u.a. Mitglied des Ausschusses für ethische und juristische Grundsatzfragen der Bundesärztekammer) zitiert, der von einer Übertölpelung der Menschen spricht, die auf einem Zettel [ gemeint: Organspendeausweis ] etwas ankreuzen sollen, was sie nicht in Gänze durchschauen; er fordert vorherige ausführliche kompetente Beratung. Auch wird in der Sendung hingewiesen auf die sehr deutlichen Äußerungen des Philosophen Hans Jonas mit dem Zitat: „Da wir die genaue Grenzlinie zwischen Leben und Tod nicht kennen, genügt nichts Geringeres als die maximale Definition (besser: Merkmalbestimmung) des Todes, das heißt Herztod plus Hirntod plus anderem, was von Belang sein mag, bevor endgültige Gewalt eingreifen darf. Dazu ist auch zu bedenken: Der Patient muss unbedingt sicher sein, dass sein Arzt nicht sein Henker wird und keine Definition ihn ermächtigt, es je zu werden. … Die Grenzlinie zwischen Leben und Tod ist nicht mit Sicherheit bekannt, und eine Definition (wie die des Hirntodes) kann Wissen nicht ersetzen. In dieser Lage unaufhebbaren Nichtwissens und vernünftigen Zweifels besteht die einzig richtige Maxime für das Handeln darin, sich nach der Seite des vermutlichen Lebens hinüberzulehnen. … Gemäß dieser Sicht kann es keine Sicherheit über den Lebensstatus eines Patienten mit völligem Hirnversagen geben, weshalb der einzig kluge und begründbare Schluss lautet, dass solche Patienten schwer geschädigte – aber noch nicht gestorbene – Menschen sind.

III-4.

Weitere praxisnahe Informationen zum Themenkreis können aus unserer homepage https://www.dr-friedrich-partner.de/kanzlei-merkblaetter.html kostenfrei als PDF heruntergeladen werden:

  1. VORSORGEVOLLMACHT
  2. PATIENTENVERFÜGUNG
  3. TOT oder LEBEND ? Das wahre Problem der Organspende
  4. INFORMIERTE ERKLÄRUNGEN zu ORGANENTNAHME und PATIENTENVERFÜGUNG
  5. WARUM ? Persönliche Selbstvergewisserung gegen den Organspende-mainstream

Vorbehalten ist, insb. folgende weitere Merkblätter auf der gleichen Seite unserer homepage ebenfalls zum download zur Verfügung zu stellen:
Aufgeklärte (!) ORGANSPENDE: Grundlegende kritische Darlegungen zur Organspende, (in Überarbeitung),
§§ für Arzt und Patient: Die wichtigsten Vorschriften mit Erläuterungen für das Rechtsverhältnis zwischen Arzt und Patient unter Einarbeitung der seit 26.02.2013 geltenden Patientenrechtsgesetze, (in Überarbeitung),
Patientenrechte: Kurzinformation über das neue Patientenrecht (seit 26.02.2013),
Zwangsmaßnahmen: Kurzinformation über das neue Recht betr. sog. „ärztliche Zwangsmaßnahmen“ (seit 26.02.2013).

IV. Zum Trost

Wahrscheinlich hatte Abraham Lincoln auch in Erwartung der hier eingeforderten wahrheitsgemäßen AUFKLÄRUNG recht :

„Man kann alle Leute einige Zeit zum Narren halten und einige Leute alle Zeit, aber alle Leute alle Zeit zum Narren halten kann man nicht.“

Verfasser:
Uwe Friedrich
Rechtsanwalt | Notar a.D. (1969-2009), in:
Dr. Friedrich und Partner Rechtsanwälte mbB
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