MeToo# – Wedel u. a.

Selbst in USA hat man sich gewundert, warum die MeToo#Debatte in Deutschland so lange nicht losging:

http://www.latimes.com/world/europe/la-fg-germany-sexual-harassment-20180130-story.html

Germany had seemed immune to the #MeToo movement. Then a prominent director was accused

Bein sonntagsstammtisch des Bayerischen Fernsehens wurde die Causa Wedel am Sonntag, den 28.1.18 von folgenden Menschen diskutiert: Stammbesatzung: Helmut Markwort, Dieter Hanitzsch, Wolfgang M. Heckl, sowie den Gästen Veronika Ferres und Herrn Jörges vom STERN.

Ich fühlte mich aufgrund dieser Diskussion zu folgender Mail an den Stammtisch aufgerufen:

Heute gab es nicht nur ein Thema, zu dem etwas anzumerken wäre.

Ich möchte mich auf das Thema Dieter Wedel beschränken.

Auch hier tauchte wieder das Argument auf, dass bei Sexualdelikten ohne Zeugen immer „Aussage gegen Aussage“ stünde.

Das ist grundsätzlich falsch.

Bei jeder Straftat ist das Opfer der Straftat immer erster und wichtigster Zeuge. Das gilt auch für Sexualdelikte.

Merkwürdigerweise hat sich bei diesen Taten bei juristischen Laien und den meisten Journalisten der Glaube etabliert, dass eine angegriffene Frau keine vollwertige Zeugin für die Straftat ist, deren Opfer sie wurde.

Bei einem Straßenraub ohne Zeugen käme niemand auf die Idee, dem Raubopfer die Zeugenqualität abzusprechen, wenn er/sie den Räuber erkennen und anzeigen würde.

‚Aussage gegen Aussage’ gilt nur für die Beweissituation in Zivilprozessen, wo sich gleichwertige Parteien gegenüberstehen.

Das ist im Offizialprinzip des Strafverfahrens grundsätzlich anders.

Damit die Zeugenqualität eines Tatopfers fraglich ist, muss es Hinweise geben, dass die Angaben der Tatopfer-Zeugin, nicht der Wahrheit entsprechen.

Es gibt bei Sexualdelikten, wie auch bei anderen Delikten, ab und zu falsche Beschuldigungen, die ihrerseits Straftaten sind und unbedingt verfolgt werden müssen.

Völlig absurd sind die von interessierter Seite gestreuten Behauptungen, dass die Quote von Falschbeschuldigungen bei Sexualdelikten besonders hoch sei.

Das ist Quatsch.

Jede Frau weiß inzwischen, dass es alles andere als ein Spaß ist, was auf sie nach einer solchen Anzeige zukommt. Vor allem wenn der Täter prominent ist.

Das wissen auch die Frauen, die jetzt den Regisseur Wedel beschuldigen.

Das dürfte, neben der Traumatisierung durch die Tat, mit ein Grund für ihr langes Schweigen gewesen sein.

Richtig ist vielmehr, dass sexuelle Angriffe von Männern auf Frauen auch nach 1945 kaum angezeigt wurden, weshalb sich die Männer sehr sicher fühlen konnten und ihre Taten häufig als „Kavaliersdelikte“ abgehakt wurden – von den Tätern und ihren Kumpels. Da übergriffige Männer weder Angst vor Ermittlungen oder gar Strafen haben mussten, hat sich ihr Verhalten im Laufe der Jahrzehnte nicht wesentlich geändert. Man kann dieses Phänomen auch in anderen Lebensbereichen feststellen, wo Täter keine Angst vor Verfolgung haben müssen. Zum Beispiel in den Pflegeheimen.

Herr Wedel ist zwar einerseits individuell verantwortlich für sein Tun, andererseits ist er, wie alle Männer die sich so oder ähnlich verhalten wie er, ein Auslaufmodell der ganz ‚Alten Gesellschaft‘, dem ‚Ancien Régime‘.
 Es sind die geistigen Überbleibsel des absolutistischen Feudalsystems, bei dem der Adel die weiblichen Untertanen nach gusto auch sexuell benutzten, die von Männern wie Dieter Wedel praktiziert werden. Dass dieses Verhalten heute Straftaten sind, ist in deren Bewusstsein offenbar noch nicht angekommen.

Um 1900 war zwar die Leibeigenschaft in Deutschland seit fast 100 Jahren abgeschafft, de facto hatten aber damals Hausangestellte in bürgerlichen Haushalten, und Mägde und Knechte bei Bauern, noch keine Rechte, sondern nur Pflichten. Die weiblichen Bediensteten mussten dem ‚Chef‘ auch sexuell zu Willen sein, wenn er wollte.

1000 Jahre Feudalismus und dessen tiefsitzende Gewohnheiten lösen sich in 70 Jahren halbgarer Demokratie, mit Nazis noch 30 Jahre in fast allen wichtigen Positionen, nicht einfach in Wohlgefallen auf.

Es bedarf noch langer und intensiver Bewusstseinsarbeit von Allen, allen Frauen und allen Männern, in allen Positionen, um hier ein anders Bewusstsein zu etablieren.

Hierzu gehört das Aufbrechen des Schweigekartells. Dr. Prantl hat in seinem SZ-Kommentar recht: Weder die strafrechtliche Verjährung noch die Unschuldsvermutung bedeuten, dass die Opfer schweigen müssen.

Es spricht inzwischen mehr als nur vage Vermutungen dafür, dass Herr Wedel gegen Frauen Straften im sexuellen und im Körperverletzungsbereich gegen Frauen begangen hat.

Sollte sich das bestätigen, kann die Staatsanwaltschaft eine weitere von ihm kürzlich begangene Straftat mit anklagen: Falsche Versicherung an Eides Statt, § 156 StGB.

Übrigens: jede Frau kann sehr genau unterscheiden, ob mit ihr geflirtet oder ob sie übergriffig angemacht wird.

Sehr bemerkenswert bei dieser Diskussion fand ich, dass zwar Herr Wedel bedauert wurde, weil wohl jetzt seine Karriere mit 75 beendet und sein ‚Lebenswerk‘ zerstört ist. Von wem wohl?

Für die geschädigten Frauen fand NIEMNAD aus der Runde ein mitfühlendes Wort. Nicht einmal Frau Ferres. Auch das erklärt, warum Frauen sich scheuen Übergriffe anzuzeigen.

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